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Anbohrvorgang 

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Tiefbohrwerkzeuge müssen beim Anbohren in einer Anbohrbuchse geführt werden, weil sich die Bohrkräfte nicht, wie z.B. beim Wendelbohrer mit zwei Schneiden, gegenseitig aufheben. Daher muss das Werkzeug während des Bohrvorgangs abgestützt (geführt) werden.

Zunächst wird das Werkzeug daher in der Bohrbuchse, die sich üblicherweise im Boza (BTA-Bohren) oder im Bohrbuchsenträger (ELB-Bohren) befindet, geführt. Nach Eintritt des Werkzeugs in die Bohrung übernimmt die Bohrung selbst diese Führungsaufgabe. Auch eine (genaue) Führungsbohrung (Anbohrführung) kann die Aufgabe einer Bohrbuchse übernehmen, dies wird häufig beim ELB-Tiefbohren auf Bearbeitungszentren praktiziert.

Die Buchse muss ein gewisses Spiel aufweisen, das nicht größer als 1-3/100 mm betragen soll. Tritt das Werkzeug in das Werkstück ein, so kommt der Moment, in dem auch der äußerste Teil der Schneide, die sog. Rundschlifffase, am Zerspanungsprozess beteiligt wird. Damit wird der nahezu volle Durchmesser der Bohrung zerspant (Phase1).

Die drei Phasen des Anbohrvorgangs
(nach Greuner)

Erst nach einem kurzen Vorschubweg, durch den sog. Leistenrückstand bedingt, treten die Führungsleisten in die Bohrung ein (Phase 2). Durch das erforderliche Spiel in der Buchse ist der in Phase 1 zuerst entstehende Bohrdurchmesser um den doppelten Spielbetrag kleiner als der Werkzeug-Nenndurchmesser, so dass Umformvorgänge zur Aufweitung der Bohrung stattfinden, um auch die Führungsleisten, und damit das ganze Bohrwerkzeug in die Bohrung einzuführen (Phase 3). Durch dieses “Zwängen” entsteht der sog. Anbohrtrichter (siehe Bild unten).

Beim Anbohren wird das Werkzeug, speziell die Rundschliff-Fase und die Stirnseiten-Fasen der Leisten sehr hoch beansprucht. Das hat zur Folge, dass der Standweg der Werkzeuge in hohem Maße durch den Anbohrvorgang geprägt ist. Zu großes Bohrbuchsenspiel führt zudem zu kaum noch zu korrigierenden Fehlern, die die Bohrungsgüte mindern (Mittenverlauf, Maßfehler). 

Stirnseite mit vorgewölbtem Material

Bohrung mit Bohrungsoberfläche

Schnitt durch das Werkstückgefüge an der Anbohrseite “Anbohrtrichter”